Sie haben eine sehr große Vinyl-Plattensammlung, mit der Sie arbeiten. Was hat sich in den letzten 35 Jahren im Bereich DJ verändert, was zeichnet Ihre Arbeit, Ihr Auflegen aus?
Die Deejay-Kultur war von Beginn an sehr eng mit dem Medium Vinyl verbunden. Ab den 1970er Jahren wurde erstmals mit Hilfe von zwei Plattenspielern verschiedene Musikstücke ineinander verwoben und ein DJ erzeugte damit einen einzigen endlosen Musikstrom zu dem das Publikum ohne Unterbrechung tanzen konnte. Mit dem Aufkommen der digitalen DJs wurde das Ganze ziemlich vereinfacht, da es dies keine besonderen technischen Fertigkeiten mehr bedarf. Ich spiele jedoch weiterhin mit Vinyl, es erscheinen wöchentlich eine Vielzahl interessanter neuer Platten. Die Schallplatte ist niemals gänzlich verschwunden, im Gegenteil sie erlebt gerade wieder eine große Renaissance. Viele weltweit bekannte DJs wie Sven Väth oder Helena Hauff schwören immer noch auf dieses coole, ewig junge Medium.
Auflegen ist sicherlich nicht nur das Können und der Geschmack. Sondern auch die Kunst, den Geschmack des Publikums und, wahrscheinlicher noch schwieriger, den des Momentes zu treffen. Also braucht es Talent? Erfahrung? Intuition? Was noch?
Sicher sind die von Ihnen genannten Dinge sehr wichtig, es braucht aber auch Passion und Ausdauer. Durch meine wissenschaftliche Ausbildung bin ich es gewohnt, Dinge mit einer gewissen Ernsthaftigkeit, Genauigkeit, aber auch Kritikfähigkeit zu verfolgen. Ich kenne die Mechanismen des Marktes und ihre generelle Oberflächlichkeit. Mainstream-Musik interessiert mich überhaupt nicht, für solche Events gibt es andere DienstleisterInnen. Mir war Qualität immer wichtiger als Quantität und Markttauglichkeit. Es gibt Menschen, die sich eher für das Ungewöhnliche, das Unkonventionelle und Spannende, die Avantgarde interessieren, für solche Menschen lege ich auf.
Sunday Best auf Schloss Pienzenau: Für alle, die sich nicht die Nächte um die Ohren schlagen können, weil zu viele Verpflichtungen (Kleinkinder, Arbeitsverhältnis), war dieses Sonntagsnachmittagsevent eine Alternative. Welchen Zuspruch hatte es? Gibt es heute in Meran wieder etwas Ähnliches?
Der Zuspruch zu Sunday Best war sehr gut, der wunderschöne Schlosspark von Pienzenau war ideal. Wir haben keinen Eintritt verlangt. Wir haben dann begonnen auch internationale KünstlerInnen zu buchen, damit war man aber immer sehr termingebunden und da es eine Außenveranstaltung ist, sehr wetterabhängig. Das bedeutete ein gewisses finanzielles Risiko, weil wir ohne Sponsoren und Eintritt operiert haben. Diesen Sommer wird es im Marconi-Park ähnliche Veranstaltungen beim MAVAI-Festival geben, die ein anspruchsvolles Alternativprogramm zum eher mainstreamorientierten Thermenplatz bieten. Ich werde z.B. am 14. August 2024 im Marconipark auflegen.
Meran, viel beschrieben als Stadt an der Grenze, als Ort zweier Kulturen, Schnittpunkt zwischen Nord und Süd, Tradition und Moderne. Wo stimmt das? Wo nicht? Kennen Sie vergleichbare Orte?
Darüber wurde schon sehr viel geschrieben, ich denke, dass heute in jeder Stadt weltweit verschiedene Kulturen zusammenkommen. Wichtig ist, dass eine echte Begegnung zustande kommt und nicht nur ein reines Nebeneinander. Dafür könnte Meran ideale Voraussetzungen bieten wie es z.B. rührige Kulturverein OstWestClub mit seinem vielfältigen Kulturangebot ohne Konsumzwang beweist.
Sie haben Germanistik sowie Publizistik und Kommunikationswissenschaften in Wien studiert. Und sind Mitbegründer der Genossenschaft Bibliogamma, die sich dem Erschließen Historischer Bibliotheken verschrieben hat. Weiterhin ein Vollzeitjob?
Das Projekt „Erschließung historischer Bibliotheken“ lief seit 1997 und wurde von der Stiftung Sparkasse finanziert, es wurde von unserer Genossenschaft Bibliogamma bis 2018 durchgeführt. Über unsere langjährige Arbeit in Klöstern, Museen und bei privaten Trägern haben wir 12 Fachbücher veröffentlicht. Der von uns erstellte, wissenschaftliche Online-Katalog mit über 850.000 Einträgen war vorher bei der Freien Universität Bozen angesiedelt und ist jetzt auf die Südtiroler Landesbibliothek übergegangen, ich bin nicht mehr direkt involviert- Nach über 20 schönen Jahren, in denen ich mich hauptberuflich damit beschäftigt habe, wollte ich mehr Zeit für Neues bekommen.
Was gefällt Ihnen an Meran am besten und was weniger?
Meran und seine Umgebung ist schon sehr schön, auch das Wetter. Ich möchte nicht, dass Meran mit seinem einmaligen Tappeinerweg zu einem reinen touristischen Hot Spot verkommt, da müssen wir sehr aufpassen. Ich bin auch in diesen Dingen eher für Qualität, als für Quantität.
Haben Sie Wünsche, wie sich die Stadt entwickeln könnte?
Die Stadt soll auch für die Meranerinnen und Meraner lebenswert bleiben, weniger ist oft mehr.