Wer sich ins Schnalstal begibt, der kommt nicht umhin, eine stolze Kirche zu bemerken, prangt sie doch so wagemutig hoch oberhalb der Schnalstaler Talstraße an einem senkrecht abfallenden Felsen. Das rote Dach der Kirche Katharinaberg leuchtet weithin in der Sonne und ihre prominente Position verspricht weite Tal- und Bergblicke. Schon ertappt sich der Autofahrer dabei, wie er den Blinker setzt und auf die kurvige Straße biegt, um dem Schild „Katharinaberg“ zu folgen.
Der Ort präsentiert sich äußerst überschaubar, wie zu Tal bereits vermutet. Ein paar Höfe, teils eindeutig stattlichen Alters, drängen sich an die Kirche mit den dicken Mauern, die auf ihrem kleinen Hügel das Dorf überragt. Die Kirche Katharinaberg hält ihr Versprechen: Wer vom Friedhof oder dem Kirchplatz aus hinab und hinaus blickt, der sieht bergeweise Gipfelspitzen, sogar den Gletscher in der Ferne. Dem Besucher aber, der nicht nur in die Weite schaut, bieten sich noch zahlreiche weitere Ein-Blicke. Jene in eine bewegte Geschichte. Und wessen Neugier von den vielen Details geweckt wurde, die es überall im Dorfe zu entdecken gibt, dem sei eine Dorfrunde in Begleitung von Margit Gamper wärmstens empfohlen.
Den Dingen auf den Grund gehen – Wenn Margit erzählt
Keiner kennt die Ortschaft so wie sie. Margit Gamper führt Besucher, Gäste, Neugierige und Historiker gerne durch den Ort. Sie kenne jeden Pflasterstein, jeden Balken des Ortes, munkelt man. Und tatsächlich beginnt sie ihre Dorfrunde mit den Worten: „Alles hier erzählt Geschichten. Man muss nur gut beobachten und den Dingen zuhören lernen. Dann raunt und flüstert’s hier in Katharinaberg aus allen Ecken.“
Bewegte Kirchengeschichte(n)
Ursprünglich bestand der Kern des Ortes Katharinaberg aus der Schnalsburg und den zwei Schlosshöfen „Untermair“ und „Obermair“, die noch heute das Zentrum des Dorfes bilden. Auch der zu den Höfen gehörende „Stodl“ (Stall & Schober) steht nach wie vor mitten im Ort, direkt neben der Kirche. 1958 gesellte sich zu den Höfen noch ein Schulgebäude hinzu – weitere Wohnhäuser und Betriebe wurden erst ab 1970 mit dem Bau der Straße errichtet.
Wer ganz weit in die Vergangenheit zurückreist, genauer gesagt ins 13. Jahrhundert, erfährt, dass die Kirche Katharinaberg nicht immer an ihrem heutigen Platz am Fels gestanden hat. Einst prangte an ihrer Stelle gar eine mächtige Burg: die Schnalsburg, der das Schnalstal seinen Namen verdankt. Diese ging auf die Grafen der Montalbaner aus dem Schwabenland zurück, welche sich hier niedergelassen hatten und sich schließlich „Herren von Vallis Senalis“ nannten (Name abgeleitet von der Bezeichnung für „kleine Sennhütten“ also „Casinales“).
Als das Geschlecht der Herren von Schnals ausstarb, kaufte Meinhard II, Herzog von Tyrol und Kärnten, die Schnalsburg. Ein strategischer Kauf, mit dem er sich Übergänge nach Nordtirol sicherte. Die zum Schloss gehörenden Höfe verpachtete er – daher auch die Namen „Obermair“ und „Untermair“, wobei „Mair“ anno dazumal die Bezeichnung für solche Pächter war. Der Sohn Meinhard des II, Heinrich von Tyrol und Kärnten – seines Zeichens Vater von Margarete von Tirol, besser bekannt als Margarete Maultasch – verbrachte seine Sommer auf der Schnalsburg. Da er keinen männlichen Nachfolger hatte, sollte sein Besitz nach seinem Tode an die Tochter Margarete übergehen – dies war das erste Mal, dass eine Frau die Erbschaft ihres Vaters antreten durfte.
Doch es sollte anders kommen. Heinrich verschenkte die Schnalsburg samt allen dazu gehörenden Besitztümern noch Zeit seines Lebens (um 1326) dem Kartäuserorden von Wien. So konnte ein Orden im Schnalstal Fuß fassen, der für ihn und seine Familie beten sollte.
Da die Mönche des Ordens den landwirtschaftlichen Grund nicht selbst bearbeitet haben, verpachteten sie diesen mitsamt den Schnalshöfen an die Bauern des Ortes. Und anstatt aus der Schnalsburg ein Kloster zu erbauen, ließ der Kartäuserorden die Burg um 1350 Stein für Stein abtragen. Gründe dafür waren die ausgesetzte Position und das lästerliche Treiben, das gewiss auf der Burg vor sich gegangen war. Auf der gegenüberliegenden Talseite entstand zeitgleich das Kloster Allerengelberg. Was letzten Endes von der Schnalsburg noch erhalten blieb, war die Kapelle der heiligen Katharina von Alexandrien, die das Fundament für die heutige Kirche bildete und ihr auch den Namen Katharinaberg gab. Der heutige Kirchturm war vermutlich einst Burgturm der alten Schnalsburg.
Die Entstehung der Kirche Katharinaberg in ihrem aktuellen Ausmaß hat man dem Bauern des Schlosshofes Untermair zu verdanken. Denn als seine Tochter 1498 kurz vor der Geburt ihres Kindes schwer erkrankte, schwor er, an der Stelle der damaligen Kapelle eine Kirche zur hl. Katharina aufzubauen, sofern seine Tochter wieder gesund würde. Als dies eintraf und auch die Enkeltochter des Bauern sich bester Gesundheit erfreute, ließ der Bauer vom Untermairhof auf den Grundmauern des abgetragenen Schlosses eine Kirche erbauen – von Christian Weithaler vom Prettrach-Hof in Vernagt. So entstand die heutige Kirche zur hl. Katharina, die im Jahre 1748 schließlich zu ihrer aktuellen Größe erweitert wurde.
3 Wunder von Vielen …
Margit Gamper weiß weit mehr als die Entstehungsgeschichte der Kirche zu erzählen. Eine Dorfführung mit ihr ist auf jeden Fall empfehlenswert, soviel sei gesagt. Um an dieser Stelle nicht zu viel im Vorab zu verraten, trotzdem aber etwas von der Mystik und Magie zu vermitteln, die an diesem Ort Besitz von einem zu ergreifen scheint, seien hier einige geheimnisvolle und magische Details genannt, die es im Bergbauerndorf Katharinaberg zu entdecken gibt.
Begeben Sie sich auf Streifzug zwischen christlicher Symbolik und bäuerlicher Zeitgeschichte! Finden Sie nachstehende 3 Besonderheiten im Ort und bei der Kirche Katharinaberg?
Am Dorfplatz steht ein ganz besonderer Brunnen, in dem vom Frühjahr bis in den Spätherbst das Wasser von vier Seiten (den vier Himmelsrichtungen) hinab rinnt. Das Wasser ist auch Kernthema der Texelgruppe, deren Berggipfel sich im Hintergrund nach den Wolken recken und die unzählige Bäche und Seen aufweist. Die Bronzesäule des Brunnens mit den dargestellten Wildtieren der Texelgruppe ist ein Kunstwerk des bekannten Bildhauers Friedrich Gurschler.
Das kleine dreieckige „Dachl“ am Eingang zu Friedhof und Kirche steht auf drei Säulen und symbolisiert die Dreifaltigkeit. Die heilige Zahl 3 kommt in der Bibel immer wieder vor: Das Dreieck steht auch für „ohne Anfang, ohne Ende“ und damit für das Ewige. Im Dreieck findet der Besucher eine goldene Kugel - das Dreieck mit dem Kreis im Inneren steht in der Kunst für „Das Auge Gottes“.
Und zu guter Letzt, gilt es die „schwarze Hand“ zu finden! Die schwarze Hand streckt Daumen-, Zeige- und Mittelfinger aus – ein Ausdruck des Glaubens an die Trinität. Die beiden anderen, geschlossenen Finger deuten auf die göttliche und menschliche Natur in Christus hin. Die Haltung der Hand ist aber auch Friedens- und Siegeszeichen, der Sieg des Lebens über den Tod. Wo mag sich diese geheimnisvolle Hand nur befinden?