Begeisterung, die überspringt – Ein Besuch am Oberniederhof
Von Luxusgütern zu einer ganz anderen Art Luxus. Nämlich zum Luxus, wie ihn Petra Tappeiner vom Oberniederhof definiert: „Sich frei fühlen, sich gesund und gut fühlen und tun dürfen, was man von Herzen gerne mag.“ Für sie hat echte Lebensqualität damit zu tun, dem tagtäglich ganz nahe zu kommen, was man selbst zum Leben braucht, sprich: sich selbst versorgen zu können. Der Oberniederhof ist ein Arche- und Bioland-Bauernhof. Den Tieren geht es sichtlich gut, man meint, den wohlig zufriedenen Ausdruck in den Kuhgesichtern zu erkennen. Sie dürfen frei zwischen Stall- und Draußen-Aufenthalt entscheiden, wechseln sich an der Massagebürste ab - „Da haben sie ihre Rangfolge, da gibt‘s kein Gedränge“ - und tragen stolz ihre Hörner zur Schau. „Die bleiben dran. Eine Kuh ist ein schönes Tier, so wie sie von der Schöpfung geschaffen worden ist. Wenn die Tiere genug Platz haben, sind Hörner kein Problem.“
Gescheckte Hühner gackern uns bei der Hofbesichtigung entgegen. Solche haben wir noch nie gesehen. „Das sind besonders seltene“, erklärt Petra. „Viele Menschen wissen, dass manche Wildpflanzen und Wildtiere vom Aussterben bedroht sind, aber nur wenigen ist bekannt, dass Ähnliches auch in der Landwirtschaft mit Kulturpflanzen und Haustieren passiert. Wir haben es zu unserer Aufgabe gemacht, alte Rassen ins Betriebskonzept zu integrieren.“
Was Schweine, Hennen, Kühe und Schafe zum Dank für so viel liebevolle Haltung geben, wird verarbeitet. Petra führt uns in die Käsekammer gleich am kleinen Hofladen und zeigt uns ihre Laibe und Laibchen. „Der schmeckt schön würzig, so ganz nach Almwiese.“ Stolz steht sie da im südtiroltypischen blauen Schurz und man fragt sich, was eine Berlinerin, der man ihr schönes Deutsch doch noch ein wenig anhört, vor Jahren dazu veranlasste, sich hier, im urigen Schnalstal, mitten in den hohen Bergen, niederzulassen. „Dasselbe, was mich dazu veranlasst, tagtäglich meiner Arbeit hier am Hof nachzugehen: Die Liebe.“
Ein bisschen fühlen wir uns wie im Heimatfilm. Auf jeden Fall ist die Filmkulisse perfekt. Eine weite, kräftig grüne Wiese vor bewaldeten Hängen. Dort prangt der Gletscher am wolkigen Horizont, hier bildet dunkles Holzgebälk von Stall und Scheune den Kontrast. „Der Hof ist 700 Jahre alt. Er war schon Gericht, Gefängnis und Zechstube.“ Heute gibt es am Hof auch Ferienwohnungen. Könnte Urlaub auf dem Bauernhof irgendwo echter sein als hier? Petras Begeisterung springt über wie ein Funke, bestimmt auch auf jeden einzelnen Hofgast.