Vegane Ernährung: Trend oder Lebensstil?

Vegane Ernährung: Trend oder Lebensstil?

Eine Google-Suche zum Thema Veganismus liefert Millionen Ergebnisse, leidenschaftliche Debatten für und gegen den Fleischkonsum werden online und analog geführt. Es wird mit Argumenten, Gegenargumenten, Studien und nicht selten mit Beleidigungen um sich geworfen. Nach einer ausführlichen Recherche stellt sich uns ernsthaft die Frage, ob es überhaupt möglich ist, sich mit diesem Thema neutral zu beschäftigen.

Die Fakten
Nähern wir uns dem Thema also vorsichtig und erst einmal über die Definition: Veganer ernähren sich auf rein pflanzlicher Basis und meiden tierische Produkte. Neben Fleisch und Fisch fehlen alle tierischen Erzeugnisse wie zum Beispiel Eier, Milch, Käse, Gelatine und Honig auf ihrem Speiseplan. Zudem verzichten sie auf Gebrauchsgegenstände, in denen tierische Bestandteile vorkommen – sei es Leder, Fell, Daunen oder aber auch Kosmetik. Daher geht Veganismus als Konzept über eine reine Ernährungsform hinaus.

Den Begriff "vegan" hat der Engländer Donald Watson geprägt. Als Teenager sah er, wie auf dem Bauernhof seines Onkels ein Schwein geschlachtet wurde und beschloss, Vegetarier zu werden. Mit Anfang 30 entschied er sich, gar keine Produkte mehr von Tieren zu essen. Um seine Ernährungsform von der vegetarischen Ernährung abzugrenzen, zog Donald Watson die drei ersten und zwei letzten Buchstaben des englischen Wortes vegetarian zusammen und erfand damit das Wort "vegan". Mit der Gründung der Vegan Society am 01.01.1944 in Birmingham wurde der Begriff institutionalisiert. Zu ihrem 50jährigen Bestehen hat die Vegan Society den 1. November als Weltvegantag ausgerufen.

Wachsendes Interesse weltweit
Eine Google Trends-Analyse zeigt, dass das Interesse an veganer Ernährung stetig gestiegen, seit 2015 sogar sprunghaft nach oben gegangen ist. Die meisten Veganer weltweit gibt es in Indien, an zweiter Stelle steht China gefolgt von den USA und Großbritannien.
(Quelle: https://de.statista.com/infografik/26070/anteil-der-befragten-die-sich-vegan-ernaehren/)
Religiös motivierter Verzicht auf tierische Produkte mag in vorwiegend hinduistisch geprägten Ländern wie Indien wohl der Hauptgrund sein, warum sich so viele Menschen vegan ernähren. Warum ist jedoch in China der Anteil so hoch? Die chinesische Regierung fördert eine pflanzliche Ernährung im Rahmen ihrer Bemühungen, die Kohlenstoffemissionen des Landes zu reduzieren und die öffentliche Gesundheit zu verbessern. Bereits 2016 hat das chinesische Gesundheitsministerium Ernährungsrichtlinien veröffentlicht, in denen die Einwohner aufgefordert werden, ihren Fleischkonsum um 50 % zu reduzieren.

Unterschiedliche Beweggründe
Religiöse oder politische Vorgaben mögen ein Grund sein, die Entscheidung wird jedoch in beiden Fällen von einer Institution vorgegeben. Warum jedoch entscheiden sich Menschen für eine vegane Lebensweise? Laut Umfragen in Deutschland hat die Vermeidung von Tierleid bei 81% der Befragten die höchste Priorität. Eine gesündere Ernährung steht mit 78% gleich an zweiter Stelle. 67% der Befragten geben an, sie wollen der Umwelt weniger schaden. Nur 22% geben an, dass ihnen tierische Produkte nicht schmecken.
Quelle: Statista.de

Leben Veganer gesünder?
Lange wurde darüber gestritten, ob eine pflanzenbasierte Ernährung wirklich gesund ist. Forschende aus den USA haben nun verschiedene Ernährungsstile bei diversen Zwillingspaaren erforscht und ein eindeutiges Ergebnis erhalten. Die Probanden, die sich vegan ernährten, hatten bereits nach vier Wochen deutlich niedrigere Cholesterinwerte, einen 20 Prozent niedrigeren Insulinspiegel und verloren circa zwei Kilogramm Körpergewicht mehr als ihre fleischessenden Geschwister. Die pflanzenbasierte Ernährung ist nicht nur vorteilhaft für das Herzkreislaufsystem, sondern sorgt auch für eine Verbesserung der Darmflora und verlangsamt das Altern.
Quelle: https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2023/12/zwillingsstudie-zeigt-wer-sich-vegan-ernaehrt-lebt-laenger-gesundheit-fleisch-essen

Was Studien zu veganer Ernährung aber zeigen, ist, dass man das Thema differenziert betrachten muss: Die Auswirkungen hängen zu einem großen Teil davon ab, wie die Ernährungsweise umgesetzt wird, will heißen: eine ausgewogene vegane Ernährung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich und wie die US-Studie zeigt, auch gesünder. Convenience-Produkte helfen hier nur bedingt weiter, denn Fertiggerichte sind – nicht nur in veganer Ausführung – oft mit Zusätzen wie Zucker, Geschmacks- oder Farbverstärker versehen. Die kluge Umsetzung einer pflanzlichen Ernährungsweise unter Berücksichtigung der körperlichen Erfordernisse und durch zusätzliche Einnahme von Vitamin B12 ist also erwiesenermaßen gesünder.

Vegane Ernährung und Umwelt
Gut belegt ist außerdem, dass ein großer Anteil von pflanzlichen Lebensmitteln in der Ernährung mit positiven Aspekten für die Umwelt verbunden ist. Die Datenlage, warum vegane Kost auch die Umwelt schont und dem Klima nützt, ist mittlerweile deutlich. Das gängige Argument gegen eine rein pflanzliche Ernährung lautete, dass wegen des Sojaanbaus für Tofu jede Menge Regenwald abgeholzt wird. Die Fakten sehen jedoch anders aus: Rund 80 Prozent der Sojaproduktion weltweit gehen nicht in die Produktion von Tofu und Fleischersatz, sondern in die Tierfütterung.
Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/veganuary-2023-so-beliebt-wie-nie-was-es-gesundheit-und-umwelt-bringt-wenn-sie-vegan-leben_id_12194291.html

Für eine pflanzliche Ernährung sind jedoch weit geringere Anbauflächen erforderlich. Auf lange Sicht könnte dadurch beispielsweise die Biodiversität erhalten werden, Wildtiere in ihrem Lebensraum geschützt, die Unterwasserwelt geschont, die Bodenqualität verbessert, das Grundwasser geschont und letztlich auch die Klimakrise abgeschwächt werden.

Ohne Nutztiere keine Almen
Die Viehwirtschaft hat in Südtirol eine lange Tradition. Als kleinstrukturierte Region ist die Viehwirtschaft nach wie vor ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor – nicht zuletzt auch als touristischer Aspekt zu betrachten: Urige Bergbauernhöfe, historische Gebäudeensembles, saftige Weiden und Almen sind ein Hingucker.

Die Almen in Südtirol sind ein über Jahrhunderte gewachsenes Kulturgut. Sie prägen das Landschaftsbild und haben zu einem erheblichen Teil dazu beigetragen, dass Südtirol ein beliebtes Urlaubsziel ist. Was würde jedoch mit den Almen passieren, wenn es keine Viehwirtschaft mehr gäbe? Die Hochweiden würden nach und nach verholzen, und das Landschaftsbild würde sich grundlegend verändern.

Fazit: Trend oder Lebensweise?
Die zu Beginn gestellte Frage, ob eine vegane Lebensweise ein Trend ist oder darüber hinausgeht, lässt sich relativ leicht beantworten. Die Umstellung auf eine rein pflanzliche Ernährung mag für manche:n gar keinen Verzicht darstellen. Wer sich mit dem Konzept des Veganismus beschäftigt und sich mit der ihm zu Grunde liegenden Philosophie identifiziert, ist wohl nicht jemand, der eben mal einen Trend mitmacht. Die Entscheidung, vegan zu leben erfordert eine Auseinandersetzung mit dem Thema und bringt eine große Umstellung der gesamten Lebensweise mit sich. Daher wäre es definitiv zu kurz gegriffen, das Phänomen als Trend zu bezeichnen.
Tourismusverein Hafling-Vöran-Meran 2000 | 11.01.2024
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